Seit dem Jahr 2000 hat sich die Bevölkerung der Erde etwa halbiert. Grund dafür war ein Meteoriteneinschlag in der Antarktis, dadurch ist die Erdachse gekippt, wodurch die Polkappen geschmolzen sind und der Meeresspiegel um 60 Meter gestiegen ist. Auf diesen Schock folgten Kriege und Wirtschaftskrisen, von denen sich die Erde bis heute nicht erholt hat. So jedenfalls die offizielle Version der Politiker. In Wirklichkeit war diese Katastrophe das Werk von Außerirdischen, den sogenannten „Engeln“, die bereits in der Antike in hebräischen Schriften erwähnt wurden. Heute, im Jahr 2015, tauchen diese Wesen erneut auf, und greifen die Stadt Tokyo-3 an.
Doch die Menschheit hat in der Zwischenzeit nicht geschlafen. Eine Geheimorganisation mit dem Namen NERV hat riesige Kampfroboter, die sogenannten „Evangelions“ entwickelt, die den Engeln Paroli bieten können. Allerdings können diese Maschinen nur von Menschen gesteuert werden, die eine bestimmte geistige Eigenschaft besitzen und exakt neun Monate nach dem Einschlag geboren wurden. Einer von ihnen, es gibt auf der ganzen Welt nur eine handvoll Menschen, die in dieses Raster passen, ist Shinji, dessen Vater Leiter von NERV ist. Ohne vorheriges Training muß er einen dieser riesigen Roboter steuern – die Steuerung erfolgt durch Gedankenkraft – und die Sache läuft auch recht gut. Doch dieser Angriff war erst die erste Attacke der Engel, und niemand weiß, wie viele es von ihnen gibt oder wann sie wo wieder zuschlagen werden, ja man kennt noch nicht einmal ihre Fähigkeiten, denn jeder Engel hat andere Eigenschaften… (© Moviepilot)
Wir schreiben das Jahr 2015 und was wäre da passender, als ein Anime der genau in dieser Zeit spielt? Glücklicherweise hat unser 2015 aber nichts mit dem 2015 aus „Neon Genesis Evangelion“ zu tun.
„Neon Genesis Evangelion„, oder kurz NGE oder auch EVA genannt, gehört, trotz der sehr speziellen Thematik, zu den beliebtesten und bekanntesten Animes überhaupt und ist wohl den meisten Animefans ein Begriff.
Ich bin relativ früh mit der Serie in Kontakt gekommen weil es der Lieblingsanime meiner Cousine war. Ich war um die 11 Jahre alt, als ich „Neon Genesis Evangelion“ zum ersten Mal sah. Ich kann mich nicht erinnern, wie viel ich damals sah, aber es dürften nicht mehr als 2 Folgen gewesen sein. Ich verstand nicht wirklich worum es ging (u.a. auch weil Originalton und untertitelt) und fand keinen Zugang und verlor relativ schnell das Interesse und beschäftigte mich nicht mehr mit „Neon Genesis Evangelion“.
Jetzt mit bald 26 Jahren sieht das natürlich anders aus und ich wollte „Neon Genesis Evangelion“ unbedingt einmal richtig und von Anfang bis Ende sehen. „Neon Genesis Evangelion“ kann man schwer in Worte fassen. Es ist ein sehr spezieller und besonderer Anime. Er beinhaltet schwierige Themen wie psychische Probleme, menschliche und nichtmenschliche Existenzen, den Sinn des Lebens, Gewalt, Trauer, Leben und Tod.
Ich habe mit den Jahren ein Faible für Psychologische Animes entwickelt und „Neon Genesis Evangelion“ ist wohl einer der psychologischsten und philosophischsten Animes überhaupt. Weitaus mehr als ein typisches Menschen-kämpfen-gegen Monster-Mecha-Actionabenteuer. Nach der ersten Folge hätte man nie erahnen können, in welche Richtung sich der Anime noch entwickelt.
Was die Gewalt angeht, steigt der Pegel von Folge zu Folge an. Es wird von Folge zu Folge blutiger und brutaler. U.a. regnet es Literweise Blut und Eingeweide werden bei lebendigem Leib herausgerissen. Besonders die Folgen „Im Zwiespalt“ und „Introjektion“ haben es, dahingehend, in sich. Neben der Physischen Gewalt spielt auch die Psychische eine große Rolle. Depressionen, Minderwertigkeitskomplexe, Mentale Störungen, Selbsthass, Beziehungsunfähigkeit, Elternkomplexe und Verlustängste sind einige der immer wieder vorkommenden Probleme in der Serie. Eigentlich keine massentauglichen Themen, deshalb bin ich schon ein wenig erstaunt, dass „Neon Genesis Evangelion“ weltweit so erfolgreich war und immer noch ist.
Die Serie ist meist deprimierend und traurig und die Geschichte und ihre Charaktere zu verfolgen ist fast schon mehr eine Belastung als ein Vergnügen. Bei „Neon Genesis Evangelion“ handelt es sich definitiv um einen Anime wie kein anderer. Erfinder, Drehbuchautor und Regisseur Hideaki Anno litt während der Entstehung des Animes unter schweren Depressionen und dies erklärt wohl auch warum „Neon Genesis Evangelion“ so deprimierend und düster geworden ist.
Anfangs ist „Neon Genesis Evangelion“ teilweise auch richtig witzig, was ich gut finde. Es lockert die sonst ernste und depressive Stimmung ein bisschen auf. Die meisten witzigen Situationen entstehen natürlich dank Misato, Rei, Shinji und seinen Freunden Toji und Kensuke. Das ist wohl auch mit ein Grund warum sie alle zu meinen Lieblingscharakteren gehören. Asukas Vergleiche zwischen Japan und Deutschland waren auch witzig.
Die Beziehung zwischen Shinji und Misato hat mir am besten gefallen. Einfach weil beide so komplette Gegensätze sind aber es trotzdem schaffen, irgendwie miteinander klar zu kommen und sich mögen. Außerdem hab ich das Gefühl, dass Shinji eigentlich nur Misato wirklich am Herzen liegt. Sie ist wie eine große Schwester, Mutter und Freundin zugleich für ihn. Neben Shinji und Misato sind mir auch Rei und Kaji ans Herz gewachsen. Richtig unsympathisch, weil zu negativ, waren mir nur Gendo Ikari und Asuka Langley Soryu.
Unsympathische Charaktere ohne Identifizierungscharakter
Es kommt nicht von ungefähr, dass fast alle Charaktere, mit Ausnahme von Misato und Rei, in „Neon Genesis Evangelion“ eher unsympathisch sind, viele negative Eigenschaften haben und so keine Identifizierung, im klassischen Sinne, bieten. Serienschöpfer Hideaki Anno wollte nämlich genau das erreichen. Statt eines starken, strahlenden Heldens ist Shinji der Antiheld schlechthin geworden. Nicht mutig, nicht stark, nicht selbstlos und alles könnend. Nicht nur das Bild eines Helden sondern auch das des Männlichkeitsideales wurde hier komplett umgeschrieben. Shinji ist durchaus sympathisch, aber eben nicht nur.
Anno wollte damit erreichen, dass sich die Zuschauer eben nicht mit den Charakteren identifizieren können, sondern sich stattdessen, anders als bei Animefans damals üblich, mit der Serie und den vermittelten Inhalten auseinander setzen. Keine Realitätsflucht und das Identifizieren mit dem starken Helden. Stattdessen bietet Anno von Selbstmitleid, Selbsthasst und Selbstzweifeln zerfressene Charaktere an, die widerwillig, mit gerade mal vierzehn Jahren, die Welt retten müssen.
Das „Neon Genesis Evangelion“ weltweit ein Hit werden und die Animewelt nachhaltig beeinflussen würde, war, unter diesen Umständen, alles andere als abzusehen. Ich muss gestehen, dass auch ich Animes bevorzuge die Identifizierungscharakter anbieten. Das kann für mich auch der Antiheld/die Antiheldin oder der Schurke sein. Aber genau das will „Neon Genesis Evangelion“ einem nicht bieten, daher war es für mich schwierig, die Serie so zu mögen und wertzuschätzen, wie sie es wohl verdient hätte…
Die deutsche Synchron ist nicht die beste und kann in keinster Weise mit der japanischen mithalten. Was die Japaner hier abliefern ist an Gefühl und Hingabe kaum zu überbieten, vor allem bei den Kämpfen. Im Original klingen die Charaktere noch wesentlich trauriger und depressiver als im Deutschen, im Deutschen klingt Shinji viel zu selbstbewusst und motiviert. Außerdem wird Asukas Name falsch ausgesprochen, statt Aska wird sie im Deutschen Asuka genannt.
Alles hat ein Ende…
Es ist unmöglich alles zu verstehen, wenn man „Neon Genesis Evangelion“ zum ersten Mal sieht. Vor allem untertitelt. Aber auch synchronisiert lässt sich wohl eine zweite Sichtung kaum vermeiden. „Neon Genesis Evangelion“ scheint einer dieser Animes zu sein bei denen man erst nach mehrmaligem anschauen alles bzw. mehr verstehen und aufnehmen kann. Die letzte Folge unterscheidet sich zudem stark vom Rest der Serie. Bilder spielen hier so gut wie keine Rolle mehr, stattdessen setzt man hauptsächlich auf Worte und Gespräche. Es gibt ein alternatives Ende, welches in dem Film „End of Evangelion“ gezeigt wird. Da viele Fans unzufrieden mit dem doch sehr abstrakten Serienende waren, wurde Jahre später ein alternatives Ende produziert. Sowohl Film- als auch Serienende haben ihre tollen Momente, so dass im Endeffekt jeder selbst wählen sollte, mit welchem Ende er persönlich mehr anfangen kann.
Episodenguide
01. Angriff der Engel
02. Das Ungeheuer
03. Ein neuer Schüler
04. Das Stachelschwein-Dilemma
05. Rei I
06. Rei II
07. A Human Creation
08. Asuka schlägt zu!
09. Wer nicht tanzt, der nicht gewinnt
10. Magmataucher
11. Der Tag, als Tokio-3 still stand
12. Der Preis eines Wunders
13. Invasion / Der Engel im System
14. SEELE: Thron der Seelen
15. Lüge und Verschweigen
16. Zwischen Leben und Tod
17. Fourth CHILD
18. Im Zwiespalt
19. Introjektion
20. Essenz der Seele
21. Die Geburt von NERV
22. Psycho-Attacke
23. Rei III – Tränen
24. Anfang und Ende – Der Letzte Botschafter
25. Liebst du mich?
26. Sei gut zu dir selbst!
Deutscher Titel |
Neon Genesis Evangelion |
Originaltitel |
Shin Seiki Evangerion |
Originalsprache |
Japanisch |
Erschienen |
1995 |
Laufzeit |
25 Minuten pro Folge |
Episoden |
26 |
Darsteller |
Shinji Ikari, Rei Ayanami, Asuka Langley Soryu, Misato Katsuragi, Gendo Ikari |
Regisseur |
Hideaki Anno |
Genre |
Sci-Fi, Action, Drama, Fantasy |
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