Öllers und Niederländer haben alles im Griff. Seit sechs Jahren touren die erfolgreichen Unternehmensberater durch die dreckigsten Länder der Welt, um den Profithunger ihrer Kunden zu stillen. Ihr Ziel scheint nah: endlich in den Firmenolymp aufsteigen, endlich Partner werden! Als sie erfahren, dass ihr Teamkollege Hellinger den ersehnten Karriereschritt gemacht hat, liegen die Nerven blank. Denn „up or out“ ist das Prinzip. Dass Hellinger sich bald aus ungeklärten Gründen aus dem Bürofenster stürzt, hilft ihnen auch nicht weiter. Ausgerechnet die junge, ehrgeizige Bianca rückt für ihn nach. Öllers und Niederländer sind genervt, Sarkasmus macht sich breit, Neurosen brechen aus. Der Kampf um das Überleben in der Company geht an die Substanz – die Zeit der Kannibalen bricht an… (© Zeitderkannibalen.de)
„Zeit der Kannibalen“ ist für mich einer der besten, deutschen Filme die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Eine gelungene Mischung aus Drama, Komödie und Satire.
Die Haupt- und einzigen Bezugspersonen in diesem Film sind die drei Unternehmensberater Frank Öllers, Kai Niederländer und Bianca März. Am Anfang noch zu zweit, später zu dritt, jetten sie um die ganze Welt, hauptsächlich durch die ärmeren Regionen dieser Welt, um Profit zu machen – meist auf dem Rücken der kleinen Leute. So etwas wie ein schlechtes Gewissen oder Bedenken haben Öllers und Niederländer schon lange nicht mehr. Nur März, die neu hinzugekommen ist, interessiert sich für Land und Leute und hat noch idealistische Vorstellungen.
Frank Öllers ist verheiratet, hat einen Sohn und verbringt seine Zeit oft damit, sich mit seiner Frau am Telefon zu streiten. Neben gelegentlichen cholerischen Anfällen, kann er auch zu dem ein oder anderen Zimmermädchen nicht nein sagen…
Kai Niederländer ist alleinstehend, sportlich, extrem pedantisch, kleinkariert, hypochondrisch veranlagt und erniedrigt und schnauzt liebend gern das Hotelpersonal zusammen.
Bianca März, eine junge, motivierte Frau, kommt neu zur Gruppe hinzu und ist als einzige noch nicht abgestumpft. Sie interessiert sich für Land und Leute, versucht mit dem Hotelpersonal ins Gespräch zu kommen und das Hotel auch mal für einen Ausflug nach draußen zu verlassen.
Die meiste Zeit verbringen die drei in Luxushotels, die sich fast alle gleichen, wie ein Ei dem anderen. Neben Meetings und Vertragswabwicklungen passiert nicht viel in ihrem Leben. Eine Stufe empor zu klettern ist das einzige, was noch zählt. Doch als statt ihnen der Kollege Hellinger befördert wird, kurze Zeit später Selbstmord begeht und in Nigeria ein Bürgerkrieg ausbricht, ist für die Unternehmensberater nichts mehr wie es mal war…
Die Charaktere sind alle ein wenig überzeichnet, aber nicht zu extrem, sodass sie immer noch realistisch wirken. Es gibt keinen Zweifel daran, dass in dieser Welt echte Öllers, Niederländer und Märzer rumlaufen. Zynische und sarkastische Kommentare von Öllers sorgen für den schwarzen Humor, ebenso Niederländers übertrieben pedantische, kleinkarrierte Art. März fungiert als moralische Säule und man hofft, dass es da draußen zumindest ein paar Unternehmensberater wie sie gibt. Vielleicht waren ja auch Öllers und Niederländer einmal so…
Neben einem kritischen und zynischen Blick auf die Businesswelt, wird im Film sehr viel Wert auf Authezität gelegt. Neben Deutsch wird z.B. auch oft Englisch (mit Untertiteln) gesprochen. Die Hotelzimmer wurden, je nachdem wo sich die drei gerade befinden, mal mit einem asiatischen und mal mit einem afrikanischen Touch ausgestattet.
Theoretisch passiert nicht viel in „Zeit der Kannibalen“, einen Ausbruch aus den gewohnten Hotelwänden wagen die drei selten. Aber genau das ist so passend am Film. Die drei leben in ihrer eigenen, kleinen, eintönigen Hotelwelt, aus der sie erst ausbrechen wollen, als es längst zu spät ist.
Ein wenig mehr Hintergrundinformationen zu den einzelnen Charakteren hätte ich mir gewünscht, um ein bisschen besser ihre Beweggründe zu verstehen. Ansonsten kann ich nur sagen, gutes Thema, fantastische Schauspieler und eine sehr befriedigende Umsetzung machen „Zeit der Kannibalen“ absolut sehenswert.
Titel |
Zeit der Kannibalen |
Erschienen |
2014 |
Laufzeit |
93 Minuten |
Darsteller |
Sebastian Blomberg, Devid Striesow, Katharina Schüttler |
Regisseur |
Johannes Naber |
Genre |
Drama, Komödie, Satire |
FSK |
ab 12 Jahren |
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